Nutellas letzte Reise
*2007 (?) +12.04.2017
Liebe Nutella,
man kann auch ohne Beagle leben, aber es lohnt sich nicht. Wie wahr dieses alte Lebensweisheit ist, haben wir einmal mehr erfahren, als wir am 14.02.2017 Abschied von deiner Vorgängerin Erbtante Birte nehmen mussten. Wir haben deshalb vorsichtig begonnen, Ausschau zu halten, ob nicht irgendwo ein Beaglemädchen mit schlechtem Vorleben und schlechten Vermittlungschancen wartet, dass ihm Haus und Herz geöffnet werden.
Weißgesichtchen sucht Familie
Über das Internet haben wir dich in einem Tierheim in Norditalien entdeckt: mit deinem weißen Gesichtchen in einem sandigen Auslauf hockend, suchend nach einem Körbchen für den Rest des Lebens. Ein paar Jahre als Gebärmaschine missbraucht, dann auf die Straße gesetzt, verletzt ins Tierheim gebracht, dort aufgepäppelt, auf deinen lustigen und unverwechselbaren Namen getauft und seit rund 2 Jahren wartend, dass jemand kommt . Auf 10 Jahre hat man dich geschätzt – und als rüstiges, munteres Großmütterchen beschrieben.
Ob 10, 11 oder 12 – das war uns nicht so wichtig. Was uns wichtig war: dass du es gut hast, für den Rest deines Lebens. Obwohl wir dich nur vom Foto kannten, warst du uns gleich so sympathisch, dass wir uns mutig um dich beworben haben.
Als du am Abend des 02. April 2017 mit 10 anderen Hunden aus Italien angereist kamst, haben wir uns mit klopfendem Herzen auf den Weg gemacht um dich an einer Tankstelle nahe der Autobahn in Empfang zu nehmen. Wie würde es werden, das Kennenlernen?
Fleischwurst – die Sonne geht auf
Der erste Blick in den Wagen offenbart Hunde, die erschöpft sind von der langen Reise. Doch während die anderen beiden, die am Treffpunkt an ihre neuen Menschen übergeben werden, auch nach dem Aussteigen sichtlich „groggy“ da stehen, bewirken kleine Begrüßungsgeschenke, dass bei dir die Sonne aufgeht! „Fleischwurst – Mama – Auto“. Wir sind sicher: Wenn du hättest sprechen können, wären das deine ersten Worte gewesen. Du gehst fröhlich mit uns mit, als hättest du nie etwas anderes getan. Du steigst selbstverständlich ins Auto ein, als wärst du immer schon mitgefahren. Binnen Minuten sind wir ziemlich beste Freunde.
Geradezu unglaublich gestaltet sich das Einleben zuhause: Du eroberst das Haus, als wärst du immer schon da gewesen. Innerhalb von 2-3 Tagen bist du fast stubenrein. Es fällt kein Stück schwer, dich gern zu haben. Du bezauberst alle durch deinen Frohsinn. Alles hätte so schön werden können. Wenn da nicht…
Der Alptraum beginnt
…wenn da nicht schon am Abend des Abholens die ersten Anzeichen gewesen wären, dass etwas nicht stimmt: dein unbändiger Durst, dein harter Bauch – und dass du nicht, wie beschrieben, ein wenig moppelig bist, sondern außer dem dicken harten Bauch an dir überhaupt nichts Fülliges ist. Kein Gramm Fett, keine Muskulatur. Wir sind deshalb viel schneller in der Tierarztpraxis, als wir es vorgehabt hatten. Das Ergebnis des Blutbildes: verheerend. Kaum ein Wert, der nicht katastrophal war. Verdacht auf innere Blutverluste. Das Röntgenbild offenbart dann die erschreckende Wahrheit: Krebs im Endstadium. Der Bauchraum ein einziger Tumor.
Auch nach dieser Diagnose haben wir gehofft, dir zumindest noch ein paar schöne Tage oder Wochen schenken zu können, damit du noch einmal erfahren kannst, was es bedeutet, ein Zuhause zu haben. Nur ein sehr kleines Bisschen hast du es noch ausprobiert: Selbst als die Kräfte schwanden, hast du uns mit Blicken zu verstehen gegeben, an welchem Platz du liegen möchtest – ob auf dem Sofa links oder rechts, im Körbchen im Wohnzimmer oder im Körbchen im Schlafzimmer. Du hast uns gesagt, wann du rausgetragen werden möchtest oder wann es Zeit wurde, dir etwas zu trinken zu bringen. Wir haben das gern für dich getan – und es war uns, als wärst du immer schon bei uns gewesen.
Allerdings fehlten dir die Reserven, um die „normalen“ Strapazen des Transportes und der Lebensumstellung kompensieren zu können. Nur 10 Tage nach deiner Ankunft mussten wir dich erlösen.
Du gehst nicht als No-Name
Was uns bald noch mehr um dich trauern lässt als um unsere bisherigen, langjährig bei uns lebenden Vierbeiner ist die Tatsache, dass du keine Chance mehr hattest, die Sonnenseiten des Lebens kennenzulernen. Ja, am Ende hattest du ein Zuhause. Und du gehst nicht als „No-Name“, sondern wirst uns immer in Erinnerung bleiben. Wir vermissen dich!